125-JÄHRIGES BESTEHEN
Goslarsche Zeitung vom Mittwoch, 08.02.2023, von Angela Potthast
Am 19. Februar vor 125 Jahren wurde der Ski-Club Altenau gegründet. Höhen und Tiefen im wahren Wortsinn gehören zu seiner Geschichte. Denn Skispringen war eine der Vereinssparten, Biathlon ebenfalls. Skilanglauf ist noch heute im Angebot.
Altenau. Menschen auf Schneeschuhen – was für ein Anblick im19. Jahrhundert. Und dann, nicht sehr viel später gehören die Dinger unter den Füßen zur Spaß bringenden Freizeitbeschäftigung – für Einheimische und Gäste in Altenau. Dem Winter-Tourismus ist das Tor geöffnet. Der örtliche Ski-Club, er gilt als einer der ältesten in Deutschland, hat maßgeblichen Anteil daran. Skispringen, Skilanglauf, Biathlon sind seine Sportarten schlechthin. Vieles setzt er Jahrzehnte lang in Bewegung, auf vieles muss er im Laufe der Zeit verzichten. Mittlerweile hat er eine Breitensport-Basis inklusive Skilanglauf, die ihn zukunftsfähig machen soll. Am 19. Februar jährt sich die Gründung des Ski-Clubs Altenau zum 125. Mal, am 17. Februar wird das Jubiläum mit einem Festkommers für geladene Gäste und Mitglieder gefeiert.
„Wir waren ein traditioneller Skiverein“, sagt Henner Riese als derzeitiger Leiter. Doch Skispringen und Biathlon seien weggebrochen, nordische und Biathlon-Meisterschaften des Deutschen Skiverbandes als Wintersport-Veranstaltungen dem Weltcup-Kalender zum Opfer gefallen. „Heute bieten wir Breitensport an.“ Unter Berücksichtigung der Klimaproblematik, die den Skisport infrage stelle, sei der Verein gut aufgestellt, habe dank seines Angebotes die Zahl der Mitglieder in den vergangenen Jahren konstant halten können. 186 habe er, 54 davon seien Kinder und Jugendliche. „Darauf sind wir stolz.“ Für die Übungsstunden könnten die Gruppen die Sporthalle der einstigen Grundschule nutzen. Sie sei für den Verein übrigens von existenzieller Bedeutung.
Breitensport steht heute im Vordergrund
Die Orientierung auf den Breitensport sei ein langer Prozess gewesen, erinnert sich Henner Riese, der dem Ski-Club selbst seit 1956 angehört. Es habe zwar schon früher Breitensport gegeben, doch die Gewichtung sei in den vergangenen 20 Jahren stärker geworden. Bei einer Wettkampf-Ausrichtung – beispielsweise eine Meisterschaft des Niedersächsischen Skiverbandes – sei man schließlich auf einen großen Stamm an Helfern angewiesen. Doch derer gebe es nicht mehr ausreichend, viele der früheren Akteure seien verstorben. Der Nordic-Cross-Lauf in Kooperation mit der GLC Glücksburg Consulting AG und der Kurbetriebsgesellschaft (KBG) „Die Oberharzer“ sei mittlerweile zur größten Veranstaltung für den Verein geworden.
Allerdings, das kommt mit Nachdruck von Henner Riese, „jedes Kind in Altenau kann Skifahren lernen“. Und es werde mit einer Langlauf-Ausrüstung ausgestattet. Je nach Schneelage könnten die Jungs und Mädchen auf die Loipen in Altenau oder in Sonnenberg. Sollten die Ambitionen und das Talent Richtung Wettkampf tendieren, wäre Training auf Verbandsebene eine Möglichkeit.
Der Verein sei intakt und habe erst mal noch Zukunft, meint Henner Riese. Zuversicht gibt ihm auch der Blick auf die Altersstruktur des Vorstands. Seine drei Mitstreiterinnen seien zwischen 30 und Anfang 50. Er habe die Vorsitzenden-Aufgaben übernommen, als der Funktionsträger Peter Schormann im Jahr 2016 verstarb. Vor ihm hatte Bernd Pichler den Verein drei Jahrzehnte geführt. Er ist mittlerweile Ehrenvorsitzender des Ski-Clubs Altenau.
Norwegische Schüler im Oberharz
Ein Rückblick auf die Geschichte des Vereins: Norwegische Schüler der Bergschule Clausthal sollen es gewesen sein, die schon um 1870 mit Schneeschuhen durch den Oberharz ziehen. Rund 20 Jahre danach die ersten Altenauer: Schichtmeister Eder und Forstaufseher Bohn. Ihnen, wie beispielsweise auch Waldarbeitern und Briefzustellern, sind die Teile unter den Füßen in schneereichen Wintern außerordentlich nützlich, weil kraftsparend. Nach und nach finden auch andere Gefallen an den Schneeschuhen.
Anfang 1896 wird das erste Deutsche Winterfest in St. Andreasberg ausgerichtet, neun Tage danach der Oberharzer Ski-Club gegründet. Skiläufer aus Altenau treten dem „O.H.S.K.“ bei, organisieren am 19. Februar 1898 einen Wettlauf auf dem Mühlenberg und setzen noch am selben Tag einen Eilbrief auf, in dem sie dem „O.H.S.K“ die Absicht mitteilen, eine eigene Sektion zu bilden. Ihr Zweck nach damaligen Statuten: „Das Schneeschuhlaufen zu fördern und für möglichste Verbreitung desselben zu sorgen. Geselligkeit zu pflegen. Ausflüge und Wettfahrten zu veranstalten.“
Viele Wettkämpfe in den Jahren ausgerichtet
Nach Dissonanzen mit dem Oberharzer Ski-Club verabschiedet sich die Altenauer Sektion 1900, wird zum „Ski-Club Altenau Harz“, gliedert sich aber 1903 dem „O.H.S.K“ wieder an und richtet 1904 in dessen Auftrag die Harzer Meisterschaften in Altenau aus. Geübt in der Organisation einer solchen Veranstaltung traut sich der Verein im Folgejahr ein Ortsgruppenfest mit Wettläufen und Schneebauten zu. Derlei Veranstaltungen und auch Meisterschaften richtet der Ski-Club im Laufe der Jahrzehnte reichlich aus und bringt selbst viele erfolgreiche Sportler hervor.
Sportanlagen werden errichtet, verbessert, um neue ergänzt, entfernt… Ein Auszug: der Schneeschuhweg, die Rodelbahn im Flößtal, der Sprunghügel in der Kleinen Oker, die kleine Sprungschanze am Bergrücken des Mühlenberges – gebaut 1911, erneuert 1922, Neubau am Försterkopf 1965 –, die große Altenau-Schanze im Schultal am Büdelsberger Holz – eingeweiht 1924, Neubau 1948/49, abgerissen wegen Baufälligkeit 1972 –, die Herzynia- als neue Jugendschanze zwischen Glockenberg und Schwefelquelle – eingeweiht 1965; Abfahrtspiste am Bruchberg, Strecke „Wilde Sau“, Slalomhang im Tal der großen Oker; Biathlon-Schießstand im Tischlertal (1973); Skihütte – zunächst oberhalb des Okersteins, später nahe der Stieglitzecke.
Die Fortbewegungsmittel werden zunächst in Goslar und aus dem Riesengebirge bezogen. Nach zunehmender Popularität fertigen Altenaus Tischlermeister Hermann Otto und sein Sohn Carl Skier, die Hackenbindung steuert Sattlermeister Grenzel bei. Es entsteht die „Altenauer Schneeschuhfabrik“.
Der Erste Weltkrieg bremst das Vereinsleben und die sportliche Entwicklung im Ort aus. Viele Ski-Club-Mitglieder fallen. Ihnen zu Ehren wird auf dem Bruchberg ein Kreuz errichtet. August Breyel, 1921 zum Vorsitzenden gewählt, verhilft dem Verein zum Aufschwung. In den 30er-Jahren stagniert jedoch der Skisport, der Deutsche Skiverband wird 1935 mit seinen Landesverbänden dem „Deutschen Reichsbund für Leibesübungen – Fachreferat Skilauf“ zugeordnet, der Oberharzer Skiverband aufgelöst.
Große Schanze realisiert
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs schafft es erneut August Breyel, den Verein flott zu machen. Er habe in den Jahren zwischen 1922 und 1951 Hervorragendes für den Ski-Club Altenau geleistet – als Vorsitzender sowie als Bürgermeister der Bergstadt Altenau. So steht es in der Vereinsfestschrift zum 100-jährigen Bestehen. Breyels Initiative sei es zu verdanken, dass der Bau der großen Altenauer Schanze habe realisiert werden können.
Die Jahre ziehen ins Land, weitere Erfolge werden eingefahren, Ski-Club-Mitglieder zeigen, was sie bei Wettkämpfen organisatorisch zu leisten imstande sind. Allerdings bereiten klimatische Veränderungen – spürbar etwa seit den 70er-Jahren – und die damit einhergehende Schnee-Unsicherheit und überdies der Naturschutz Kopfzerbrechen. Sportarten kommen dazu, Sportarten verschwinden wieder. Ski-Springen, Ski-Langlauf, Biathlon, Ski alpin, Eisstockschießen, Skiroller-Lauf… stehen für den Altenauer Verein – mal dauerhaft, mal kurzzeitig. Mittlerweile besteht ein breites Breitensport-Angebot: unter anderem Funktionsgymnastik, Krafttraining, Hallenfußball, Turnen und Sport-Flipper mit Yoga, Pilates und Zumba…